Die Straßenbahn Wien – Pressburg.

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Dies ist ein Ausschnitt aus einem Stadtplan von Wien von 1927. Die rote Linie in der Mitte zeigt den Verlauf der Straßenbahn Wien – Pressburg.

imageDiese direkte Verbindung zwischen Wien und dem heutigen Bratislava in der Slowakei gibt es nicht mehr.

Die Pressburger Bahn wurde Anfang 1914 in Betrieb genommen, es war eine der frühen elektrifizierten Bahnverbindungen in Österreich. Der Strom kam aus dem Dampfkraftwerk Wien-Simmering, rechts unten im Bild. Die Bahn fuhr nahe dem damaligen Wiener Hauptzollamt ab, oben links im Bild. Heute ist hier der Bahnhof Wien Mitte.

In Niederösterreich fuhr die Bahn südlich der Donau über Kaiser Ebersdorf, Schwechat, Fischamend, Maria Ellend, Petronell, Deutsch-Altenburg und Hainburg bis ins -damals in der ungarischen Reichshälfte liegenden- Engerau/ ungarisch Pozsonyligetfalu / heute Petržalka, und schließlich bis in die Innenstadt von Pressburg/Bratislava.

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Als tatsächliche Straßenbahn auf Straßenniveau war die Bahn nur innerhalb der beiden Städte unterwegs, auf dem Hauptteil der Strecke dagegen, durch Niederösterreich, als Eisenbahn. Hierfür wurde die bestehende Strecke der k.k.Staatsbahnen elektrifiziert.

Die Fahrt dauerte zwischen zwei und fast drei Stunden, zweimal musste die Lokomotive gewechselt werden. Nach dem Ende der Monarchie wurde der Betrieb eingeschränkt fortgeführt, 1935 eingestellt.

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Aus dem Dienstbuch der Wiener Sicherheitswache, 1927.

 

Der Landvermesser.

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„Es war spät abend als K. ankam.“

So beginnt Franz Kafkas unvollendeter Roman „Das Schloß“, begonnen 1922, kurz vor seinem Tod.

Die Hauptfigur K. (der vollständige Name wird, wie auch andernorts bei Kafka, nicht genannt) stellt sich vor als Landvermesser:
„…lassen Sie es sich gesagt sein, dass ich der Landvermesser bin, den der Graf hat kommen lassen. Meine Gehilfen mit den Geräten kommen morgen im Wagen nach.“

OrtOb das stimmt, bleibt offen. K. wird im Laufe der Handlung jedenfalls nicht als Landvermesser tätig – denn vermessen wird hier nichts, im Gegenteil, jede scheinbar genaue Gewissheit, auch über die Identität der Hauptfigur, verschwimmt. Ist K. überhaupt ein Landvermesser, wie er behauptet, und wie das scheinbar vom Schloss -einer unnahbaren, unwirklichen Macht- anerkannt wird?ohne namenZwar hat die Schlossbehörde vor langer Zeit einen Landvermesser bestellt, und aufgetragen, hierfür „alle Pläne und Aufzeichnungen“ bereitzuhalten. Aber ob dieser einst bestellte -und später für nicht mehr notwendig befundene- Landvermesser nun tatsächlich K. ist? Selbst mit den Gehilfen -ein Landvermesser kann nicht alleine arbeiten und er braucht Vermessungsgeräte- verhält es sich sonderbar:

 „Wer seid ihr?“ fragte er und sah vom einen zum anderen. „Euere Gehilfen“, antworteten sie…“Wie?“ fragte K. „Ihr seid meine alten Gehilfen, die ich nachkommen ließ, die ich erwarte?“ Sie bejahten es….“Wo habt ihr die Apparate?“ fragte K. „Wir haben keine“, sagten sie. „Die Apparate, die ich euch anvertraut habe“, sagte K. „Wir haben keine“, wiederholten sie. „Ach, seid ihr Leute!“ sagte K., „versteht ihr etwas von Landvermessung?“ – „Nein“, sagten sie. „Wenn ihr aber meine alten Gehilfen seid, müßt ihr doch das verstehen“, sagte K.“ 

Berg

Wo das Schloss „des Grafen Westwest“ liegt, bleibt unklar – der Ort scheint völlig entrückt, getrennt vom Rest der Welt. K. ist die einzige Person, die von außen hinzukommt, er bleibt ein Fremder. Das Schloss liegt auf einem Berg, „weder eine alte Ritterburg, noch ein neuer Prunkbau, sondern eine ausgedehnte Anlage…aus vielen eng aneinanderstehenden niedrigern Bauten; hätte man nicht gewußt daß es ein Schloß ist, hätte man es für ein Städtchen halten können.“ Darunter das Dorf, von dem kein direkter Weg zum Schloss führt, dessen Bereich aber auch nicht klar von ihm getrennt ist.

Mehr ist geografisch nicht zu erfahren, bis auf ein Detail: „Lange stand K. auf der Holzbrücke die von der Landstraße zum Dorf führt und blickte in die scheinbare Leere empor.“ Die Straße führt, im Präsens. Weiß der Erzähler hier ausnahmsweise mehr als K.? Gibt es das Dorf auch außerhalb des Romans?

Brücke

Zwischen dem nicht näher verorteten Schloss und dem dazugehörenden, namenlosen Dorf am Fuße dieses Berges liegt für K. eine unüberwindliche Distanz. Der geografische Höhenunterschied entspricht dem Machtgefälle – die Hierarchie der Instanzen des Schlosses ist ein Hauptmotiv im Roman. Und auch wenn die Unbestimmtheit des Ortes durch eine Landvermessung behoben werden könnte, passiert das im Roman nicht. Die fehlende Lokalisierung ist gleichsam Bedingung für die Unerreichbarkeit, K. kommt niemals bis ins Schloss.

Als ein mögliches reales Vorbild für das Schloss gilt der Hradschin, die Prager Burg,  die Kafka, der fast sein ganzes Leben in Prag verbrachte, wohl oft vor Augen hatte. Zeitweise schrieb er auch hier.

Für das Dorf nennt Klaus Wagenbach die Ortschaft  Wosek/Ossek/Osek u Radomyšle bei Strakonitz/Strakonice in Südböhmen (siehe Klaus Wagenbach, „Kafka“, S.130, Hamburg 1964). Kafkas Vater Hermann stammt von dort, Kafkas Großeltern sind auf dem jüdischen Friedhof begraben. Hier gibt es auch ein kleines Schloss.

Wosek velhagen & klasing bielefeld und leipzig 1901

Velhagen & Klasing, Bielefeld und Leipzig 1901.

Reiner Stach, der den Roman biografisch gespiegelt sieht, schreibt zur erwähnten Holzbrücke: „…das muss die Brücke sein, die Kafka selbst überquerte, einen oder zwei Tage, ehe er diese Sätze niederschrieb, die Elb-Brücke, über die man von Spindelmühle (auch Spindlermühle / Špindlerův Mlýn, ein Luftkurort im Riesengebirge, den der an Lungentuberkulose leidende Kafka im Jänner 1922 aufgesucht hatte, Anm.)

spindelmühle velhagen & klasing bielefeld und leipzig 1901

Velhagen & Klasing, Bielefeld und Leipzig 1901.

in den Ortsteil Friedrichsthal und zum gelegenen Hotel Krone gelangt. Dieses Brückchen jedoch war aus Stein, die Brücke im SCHLOSS ist aus Holz…vielleicht, weil sich Kafka in diesem Augenblick an eine andere kleine Brücke erinnerte, an jene nämlich, die sich am Ortseingang von Zürau (heute Siřem, ein kleines Dorf nahe Flöhau bei Podersam /
Blšany, wo Kafkas Schwester Ottla einen Bauernhof hatte, Anm.) befand und die tatsächlich aus Holz war…“ (siehe Reiner Stach, Kafka-Die Jahre der Erkenntnis, S.467, Frankfurt a.M. 2008).

Zürau velhagen & klasing bielefeld und leipzig 1901

Velhagen & Klasing, Bielefeld und Leipzig 1901.

Auch den strengen Winter in Spindelmühle/Špindlerův Mlýn (keineswegs aber den Tourismusort selbst, ein damals aufstrebendes Wintersportgebiet) erkennt Stach im Roman wieder, und erwähnt, dass Kafka -wie K.- durch den Schnee am Vorankommen gehindert wurde. In Stachs Buch und auch in der Kafka-Biografie von Peter-André Alt (siehe Peter-André Alt, Franz Kafka-Der ewige Sohn, S.552, München 2005) ist ein Foto Kafkas im winterlichen Spindelmühle abgebildet: er lehnt an einem Schlitten, das im Roman vorgesehene Gefährt für den Weg vom Dorf zum Schloss.

Peter-André Alt erwähnt Schlitten und Schneetreiben auch im Zusammenhang mit Kafkas früherem Aufenthalt in Matliary / Matlarenau (nahe Deutschendorf/Poprad in der Hohen Tatra) im Dezember 1920 .

matliary kozenn wien 1891

Kozenn, Wien 1891.

Eine genaue Bestimmung des Ortes, an dem der Roman spielt, ist freilich weder gewünscht noch notwendig. Für das Verständnis des Werkes, so ein solches überhaupt möglich ist, ist die Kartographie irrelevant. Interessant erscheint mir jedenfalls eine Spurensuche nach möglichen Quellen der Inspiration bei Kafka.

Hier die erwähnten Bücher:

Das SchlossAltStachWagenbach

Alexandria.

Alexandria 1 - Kopie

Alexandria. Klicken Sie auf die Karte für Details.

„Alexandria vetustisimum Aegipti emporium Aplissima civitas.“

Nach Angaben der Bibliothèque nationale de France, Département des Cartes et plans, stammt diese Karte von 1575. Der Urheber ist unbekannt.

Die Stadt wird von mehreren Armen des Nil durchströmt und besitzt zwei natürliche Hafenbecken außerhalb der Stadtmauer. Gut erkennbar sind eine große Moschee im Stadtzentrum, der Leuchtturm an der Küste, ein stehender und ein liegender Obelisk und mehrere Säulen, die antike Ruinen darstellen könnten.

Es existiert eine ähnliche, weit genauer und aufwändiger gestaltete Alexandria-Ansicht mit demselben Titel, aus Band VI von Braun & Hogenbergs „Civitates Orbis Terrarum„. Das Werk wurden in sechs Bänden zwischen 1572 und 1618 herausgegeben und zeigt Städte in Europa, Afrika, Asien und Amerika.

Möglicherweise ist die vorliegende Karte eine einfache Kopie davon. Das Exemplar ist wohl eine herausgetrennte Seite aus einem unbekannten Buch, vielleicht ein Katalog. So sieht die Rückseite aus: Alexandria 2 hinten

Wien vor 333 Jahren.

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Diese Karte zeigt die Befestigungen der Stadt Wien um 1683.

Vienne - Kopie

Wien von Nicolas de Fer. Klicken Sie auf die Karte für Details.

Bei dieser Karte ist Süden oben. Sie stammt von Nicolas de Fer, einem Pariser Kartographen und Kartenverleger, und wurde zwischen 1693 und 1696 im Militäratlas „Les Forces de l’Europe“ veröffentlicht. De Fer war spezialisiert auf Karten zu aktuellen Ereignissen, in diesem Fall zur Zweiten Türkenbelagerung Wiens von Juli bis September 1683. In der Kartusche ist fälschlich 1684 angegeben.

Vienne - Laufgräben

Detalliert abgebildet ist der am stärksten umkämpfte Bereich zwischen Burgbastei und Löwelbastei, mit zahlreichen Laufgräben.

A: Bastion Bourgois               Burgbastei, dahinter Spanierbastei (Kavalier).

B: Bastion du Lion                 Löwelbastei.

C: Bastion de Melek              Mölker Bastei (teilweise heute noch vorhanden).

D: Lune                                Außenwerk zwischen den Basteien.

E: Cavaliers                          Ein Kavalier ist eine höher liegende Geschützstellung.

F: Porte des Bourgeois          Das alte Burgtor.

G: Palais de L’Empereur        Hofburg (Schweizertrakt, Leopoldinischer Trakt, Amalienburg)

Neben den Befestigungsanlagen sind nur wenige andere geographische Merkmale eingezeichnet: Hofburg, Schottenstift, Zeughaus, Augarten, die Donau und der Wien-Fluß.

Vienne - Kopie

Augarten

Vor der Ringstraße.

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Diese Karte zeigt Wien um 1840, vor dem Bau der Ringstraße.

Vienna zentral- Kopie

Vienna. SDUK 1844. Klicken Sie auf die Karte für Details.

Sie stammt von der Society for the Diffusion of Useful Knowledge, herausgegeben von Chapman & Hall in London 1844. Die Society for the Diffusion of Useful Knowledge, auch SDUK, war eine Organisation der britischen Whig-Partei. Erklärtes Ziel der SDUK war die Verbreitung von Wissen durch günstige Druckwerke für alle. Dazu gehörten auch Landkarten und Stadtpläne.

Auf der abgebildeten Karte sieht man die Innere Stadt von Wien –innerhalb der rot kolorierten Stadtmauer- in weiten Teilen so, wie sie sich noch heute darstellt. Auch der Bereich zwischen dem Glacis vor der Stadtmauer und dem hellrot kolorierten Linienwall am Stadtrand zeigt Straßen und Gebäude, die es immer noch gibt. Zum Beispiel das (alte) Allgemeine Krankenhaus, das Belvedere, die Theresianische Akademie oder die Hofstallungen. Viele Straßen haben denselben Verlauf und heißen noch heute so.

Anderes gibt es nicht mehr: die Stadtmauer und die Basteien wurden zwischen 1858 und 1874 fast vollständig abgerissen.

Vienna Basteien

Auch den Wiener Neustädter Kanal -im 19.Jahrhundert genutzt für den Transport von Kohle und Holz nach Wien- gibt es innerhalb der Stadt nicht mehr. Am Ende des Kanals befand sich ein Hafen zum Entladen.

Vienna Kanal

Der Wien-Fluss verläuft heute großteils unterirdisch. Die staatliche Kanonengießerei, das „K.K.Gusshaus“ wurde 1851 ins neu errichtete Arsenal verlegt. Am „Obstmarkt“ steht die Technische Universität, im Park der „Theresianischen Ritter Academie“ das Funkhaus des ORF.Vienna Wien Fluss

Die Ringstraße gab es noch nicht, sie verläuft heute auf dem hier grün eingefärbten Glacis. Wo damals Grünflächen, Alleen und Exerzierplätze des Militärs waren, stehen heute zum Beispiel das Parlament, das Wiener Rathaus und die Universität. Zwischen dem „Burg Thor“ und den „K.K.Stallungen“ stehen heute das Kunsthistorische und das Naturhistorische Museum.

Vienna Glacis

Am unteren Rand der Karte sind zum Größenvergleich verschiedene Gebäude skizziert, auch hier gibt es die meisten noch heute. Der „Palace at the Aulic Gate“ waren die Hofstallungen, heute das Museumsquartier. „St.Charles Borromeo“ ist die Karlskirche, die „Scottish Church“ die Schottenkirche.

Vienna SDUK SüdenVienna SDUK Süden

Kartographiktion oder: Das Lachen Dadas

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Von Ort zu Ort“ ist der Titel dieser Landkarte. Sie wurde 2013 vom Künstler Herbert Starek geschaffen. Die eingezeichneten Flüsse, Straßen und Eisenbahnlinien gibt es tatsächlich, die Orts- und Geländebezeichnungen sind fiktiv.

Von Ort zu Ort 1

Von Ort zu Ort. Herbert Starek, 2013. Klicken Sie auf die Karte für Details.

So tragen Berggipfel hier Namen wie „Der Zirkelbeweis“, „Wiederkehr“ oder „Absolution“. Die „Esperanto“-Kapelle liegt westlich der Ortschaft „Der Duft des Paradieses“, am Fuße des „St.Gulliver“ (328 Meter hoch). „Das gegenseitige Übereinkommen“, eine sanfte Hügelkette, erstreckt sich vom Unterlauf der „Revolte“ (nahe der Mündung in „Das Klavier und der Esel“) bis zum Bahndamm bei „Ich, Eisenbeißer“.

Die Karte hat hunderte erfundene Ortsbezeichnungen: manche sind literarisch inspiriert („Emily Anne Brontë“, „Hamlet“), einige von Film & Fernsehen („John Cleese“), andere zeigen genaue Beobachtung  („Irisierende Luftblasen“, „Angenagte Möbel“). Eingebettet zwischen ebenfalls fantastisch benannten Hügeln, Seen und Flüsschen wirken sie allesamt sehr poetisch.

Von Ort zu Ort 3

Wo liegen „Falsche Behauptungen“?

Man kann die Karte –sie ist mit 100 mal 70 cm recht groß- lange betrachten und entdeckt immer wieder neue Namen. Einen Schlüssel konnte  ich bisher nicht finden. Außer vielleicht hier, auf halbem Weg zwischen den kleinen Gemeinden „Parcival“ und „Die Unruhe“: hier liegt, auf 265 Metern Seehöhe, „Das Lachen Dadas“.

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Die „Vollkommene Keuschheit“ ist links unten zu finden.

Der Schöpfer dieser fiktiven Landkarte, Herbert Starek, hat noch weitere kartographische Fiktionen geschaffen, auch optisch völlig anders gestaltete. Besonders gelungen finde ich etwa „Die Papageieninsel“ und „Die Poesiemaschine“.

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Die Papageieninsel. Herbert Starek, 2011.

Die Poesiemaschine - Kopie

Die Poesiemaschine. Herbert Starek, 2010.

Es handelt sich dabei um Unikate oder um Werke, von denen nur wenige Exemplare gedruckt wurden. Auf der Homepage des Künstlers sind noch mehr fantastische geographische Werke zu sehen, unter „Schleierhafte Karten“:

http://www.herbert-starek.com/

 

 

Die Kartengalerie.

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Die Galleria delle carte geografiche in den Vatikanischen Museen wurde von den Brüdern Ignazio und Antonio Danti von 1580 bis 1585 geschaffen.IMG_4377

Ignazio, ein Dominikaner, war der Kartograph, Antonio –zusammen mit anderen- der Maler. Ignazio Danti war als päpstlicher Mathematiker einer der führenden Köpfe hinter der Kalenderreform von Papst Gregor XIII. im Jahr 1582. Derselbe Papst war Auftraggeber der Kartengalerie.

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Die Galerie ist 120 Meter lang und besteht aus 32 großen und 8 kleinen Wandkarten, ausgeführt als Fresken. Auch die Decke ist reich geschmückt.

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Toscana.

Die jeweils mehrere Quadratmeter großen Karten zeigen die verschiedenen Regionen Italiens, meist mit zusätzlichen Ansichten von Städten und Häfen.

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Maßstab, Himmelsrichtungen und Koordinaten sind jeweils angegeben. Auch Schiffe, mythologische Figuren und historische Szenen sind abgebildet.

IMG_4362Apulien: Schlacht von Cannae. Hannibal hat gewonnen.

Jeweils eine Karte zeigt Italien als Ganzes, einmal aktuell zur damaligen Zeit, einmal in der Antike.

Spionage unter Freunden?

Die Insel Portsea und der Hafen von Portsmouth von J.N.Bellin.

Dies ist eine französische Karte von Portsmouth, aus dem „Petit Atlas Maritime“ von 1764. Sie wurde von Jaques Nicolas Bellin angefertigt, dem Leiter der Kartenabteilung des französischen Marineministeriums. Freunde waren Frankreich und England damals eher nicht.

Die Karte wurde während oder kurz nach dem Siebenjährigen Krieg (1756–1763) erstellt, als Frankreich (verbündet u.a. mit Österreich) und Großbritannien (verbündet u.a. mit Preußen) gegeneinander Krieg führten. Zwar hauptsächlich am Kontinent und in den Kolonien, teilweise aber auch im Kanal: die Briten blockierten französische Häfen, und 1758 hatten britische Truppen Cherbourg in der Normandie erobert.

Atlas Général, Perthes 1899.

Die Karte von Portsmouth zeigt Fahrrinnen samt Tiefenangaben zwischen den Sandbänken sowie die Verteidigungsanlagen und Marine-Einrichtungen um Portsmouth. Kleine Bastionen sind ebenso eingezeichnet wie die seeseitigen Befestigungsmauern und landseitigen, polygonalen Wallanlagen. Sonstige Siedlungen auf Portsea sind nur als einfache Rechtecke dargestellt.

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Portsea und der Hafen von Portsmouth von J.N.Bellin, 1764. Detail.

Heinrich VII. ließ Ende des 15. Jahrhunderts Portsmouth zum „Royal Dockyard“ ausbauen und ein Trockendock anlegen, eine damals hochmoderne Einrichtung für die Marine. Der Hafen entwickelte sich zum wichtigsten Stützpunkt der Royal Navy.

Portsea Island and Portsmouth Harbour

King’s Dock, Portsmouth. Bellin, 1764.

Die genauen Angaben auf der Karte wären den Franzosen beinahe sehr nützlich geworden.

Der französische Außenminister Étienne-François de Choiseul hatte im Siebenjährigen Krieg den Plan einer Invasion Großbritanniens, mit Landungen in Portsmouth, Essex und Schottland. Mit der vorliegenden Karte hatte Frankreich also genaue Angaben über die Befestigungen dieses wichtigen Kriegshafens seines Gegners.  1759 wurde mit dem Bau von Transportschiffen begonnen, um eine größere Zahl von Truppen überzusetzen. Über 300 dieser Transporter wurden fertiggebaut, 50.000 Soldaten standen an der französischen Kanalküste bereit zur Einschiffung. Allerdings kamen sie nicht zum Einsatz, weil der Invasions-Plan nach der  Niederlage der französischen Flotte in der Seeschlacht bei Quiberon im November 1759 abgesagt wurde.

 

Heart of Darkness.

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Diese Karte zeigt die Mündung des Kongo in den Atlantik.

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Estuaire du Congo. Perron, 1888.

Sie erschien 1888 in Band XIII der „Nouvelle Géographie Universelle“, herausgegeben bei Hachette in Paris. 1879 war der Journalist und Abenteurer Henry Morton Stanley in Banana an der nördlichen Seite der Kongo-Mündung gelandet und hatte von hier aus eine Expedition ins Landesinnere begonnen. Finanziert wurde das Unternehmen von Leopold II., dem König der Belgier.

Das Kongobecken war zu dieser Zeit der letzte große „weiße Fleck“ auf den Landkarten Afrikas, ein unerforschtes Gebiet.

Afrika 1862 - Kopie

Afrika, Detail. Bromme, 1862.

“At that time there were many blank spaces on the earth…there was one yet–the biggest, the most blank, so to speak– that I had a hankering after.”

Joseph Conrad, Heart of Darkness.

Die europäischen Kolonialmächte hatten kein Interesse an der Region, auch nicht die belgische Regierung. König Leopold schon, denn im eigenen Land hatte er wenig zu sagen und war schon länger auf der Suche nach einer Kolonie.

Im Auftrag Leopolds betrog Stanley hunderte Stämme um ihr Land und machte die Menschen zu Zwangsarbeitern. In der Konferenz von Berlin (1884-85) ermöglichten die europäischen Mächte, dass Leopold nun das ganze Gebiet und die Menschen darin als seinen persönlichen Besitz behandeln konnte. Boma wurde zum Verwaltungssitz dieser Privatkolonie, dem „Kongo-Freistaat“.

Estuaire du Congo - Kopie

Estuaire du Congo, Detail. Perron, 1888.

Der König gab vor, als Menschenfreund zu handeln – etwa, um Sklaverei in Afrika zu bekämpfen. Tatsächlich ging es um maximalen Profit aus Kautschuk, Elfenbein oder Kupfer. Leopold ließ Menschen und Land systematisch ausbeuten. Die Einwohner wurden versklavt, gefoltert, verstümmelt und getötet.

“It had ceased to be a blank space of delightful mystery…It had become a place of darkness.”

Joseph Conrad, Heart of Darkness.

Die Gräuel blieben in Europa und den USA nicht verborgen. Missionare wie William Henry Sheppard, der britische Konsul Roger Casement und Edmund Morel, der Angestellte einer Reederei, machten das Terror-Regime im Kongo öffentlich.

„When it was not enough rubber, the white man would put some of us in lines, one behind the other, and would shoot through all our bodies…The white men used to put us like that and shoot all with one cartridge.“

Casement-Report, 1903.

Schriftsteller wie Joseph Conrad –er hatte selbst auf einem Dampfer am Kongo für eine der belgischen Firmen gearbeitet-, Mark Twain oder Arthur Conan Doyle schrieben darüber. Eine wichtige Rolle für das öffentliche Bewusstsein spielte das neue Medium der Fotografie. So zeigen zahlreiche Bilder Frauen und Kinder mit abgehackten Händen oder Füßen.

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“The kodak has been a sore calamity to us. The most powerful enemy that has confronted us, indeed. In the early years we had no trouble in getting the press to „expose“ the tales of the mutilations as slanders, lies, inventions of busy-body American missionaries and exasperated foreigners…Then all of a sudden came the crash! That is to say, the incorruptible kodak — and all the harmony went to hell! The only witness…that I couldn’t bribe.”

Mark Twain,  King Leopold’s Soliloquy.

Unter zunehmendem öffentlichen Druck musste Leopold II. den Kongo 1908 als „Privatbesitz“ aufgeben und an den belgischen Staat verkaufen. Die Zahl der Opfer von Leopolds Regime im Kongo ist bis heute nicht genau bekannt. Adam Hochschild geht in seiner umfassenden Darstellung „King Leopold’s Ghost“ von bis zu 10 Millionen Toten aus.

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